Donnerstag, 18. August 2016

Die Offseason der Iserlohn Roosters

Die Offseason der Iserlohn Roosters

 

52 Spiele – 91 Punkte – 162 Tore – Platz 3 nach der Hauptrunde

Die Iserlohn Roosters aus dem Sauerland spielten die beste Saison der Vereinsgeschichte. Auf die überragende Hauptrunde folgte die Ernüchterung in den Playoffs. Erneut war im Viertelfinale Schluss. Überzeugte man während der laufenden Saison durch solide Abwehrarbeit und schnelles Umschalten in die Offensive, so konnte das Team von Jari Pasanen in der wichtigsten Phase der Saison das Potenzial nicht abrufen. Der Gegner aus Nürnberg war in allen Belangen deutlich überlegen. Nach der enttäuschenden Vorstellung in den Playoffs, steht nun der große Umbruch am Seilersee an.

Der Fluch vom Viertelfinale

 

Nicht wenige Experten nannten die Iserlohn Roosters als mögliche Kandidaten für den Titelgewinn. Rick Goldmann sprach dies sogar öffentlich bei ServusTV aus und auch die Fans am Seilersee gingen mit großen Erwartungen in die Playoff Serie gegen die Thomas Sabo IceTigers aus Nürnberg. Ausschlaggebend für die Euphorie in Iserlohn war das Heimrecht, welches sich die Iserlohner während der Hauptrunde erarbeitet hatten. Die Serie begann verheißungsvoll. 4:0 siegten die Sauerländer in Spiel 1 vor heimischer Kulisse. Das zweite Spiel ging mit 2:4 in Nürnberg verloren und sollte den Wendepunkt in der Serie darstellen. Aus dem Umfeld der Roosters war zu hören, dass es auch im Team zum Bruch gekommen sein soll. In der Mannschaft soll es nach Spiel 2 zu Unstimmigkeiten gekommen sein, da nicht alle Spieler vollen Einsatz zeigten. Spiel 3 ging am Seilersee mit 1:4 aus Sicht der Roosters verloren und das Heimrecht war somit verloren. Im entscheidenden Spiel 4 zeigten die Iserlohner eine blutleere Vorstellung und kamen bei den IceTigers mit 1:7 unter die Räder; die Serie war so gut wie entschieden. Zwar folgte im anschließenden Heimspiel (Spiel 5 der Serie) ein hart umkämpfter 4:2 Erfolg, doch die Nürnberger siegten in Spiel 6 vor heimischer Kulisse mit 3:2 und entschieden die Playoff Serie mit 4:2 für sich. Die Roosters fanden zu keinem Zeitpunkt zu Ihrem Spiel und fanden keine Lösung für das körperliche Spiel der Nürnberger.

Im Zentrum der Kritik standen bei den Iserlohner vor allem Colten Teubert und Nick Petersen. Um beide Spieler gab es bereits zur Jahreswende Wechselgerüchte. Petersen war sich angeblich mit Berlin einig; Teubert hatte angeblich einen Vertrag beim Playoff Gegner aus Nürnberg unterschrieben. Ausgerechnet Teubert, der in den vergangenen Jahren eine zuverlässige Größe für die Roosters war, konnte sein Potenzial nicht ansatzweise abrufen. Beide Spiele fielen durch Lustlosigkeit und fehlenden Willen auf. Nach dem Ausscheiden aus den Playoffs wurden beide Wechsel von offizieller Seite bestätigt. Der bittere Beigeschmack für die Roosters-Fans bekam neuen Schwung. Zum dritten Mal in Folge war für die Sauerländer im Viertelfinale die Saison vorbei. Gemessen am Etat der Iserlohner sicherlich ein Erfolg; gemessen an der gespielten Hauptrunde und der gezeigten Leistung in den Playoffs aber eine Enttäuschung. Die Chance zum Erreichen des Halbfinals war für die Sauerländer wohl nie größer und so war gelegentlich vom „Fluch vom Viertelfinale“ die Rede.


Der große Umbruch am Seilersee


Der Star sind die Trainer – permanente Weiterentwicklung

Der Erfolg der Iserlohn Roosters steht und fällt mit dem Trio Pasanen/Bartman/Mende. In der Saison 2012/2013 übernahm der Finne Pasanen die Roosters auf dem vorletzten Platz. In der darauffolgenden Saison erreichten die Iserlohner den zehnten Platz und setzten sich in den Pre-Playoffs gegen die favorisierten Red Bulls aus München durch. Die Viertelfinalserie gegen die Hamburg Freezers ging nach hartem Kampf mit 2:4 verloren. Die Hauptrunde 2014/2015 schlossen die Sauerländer auf Platz 6 ab und qualifizierten sich direkt für die erste Playoffrunde. Dort scheiterte man in einer ausgeglichenen Serie nach 7 Spielen am späteren Finalisten ERC Ingolstadt. In ihrer dritten kompletten Saison führte das Duo Pasanen/Bartman die Roosters nun zur besten Saison der Vereinsgeschichte. Die Trainer haben den Roosters ein einfaches, aber effektives Spielsystem eingeimpft. Vor dem eigenen Tor machen die Iserlohner die Zone sehr eng und lassen bewusst Schüsse von außen zu. Diese sind in der Regel kein Problem für Lange oder Pickard. In der Rückwärtsbewegung wird stets höchsten Wert auf gutes Stellungsspiel im Mitteldrittel gelegt. Das Offensivspiel der Sauerländer zeichnet sich durch ein schnelles effektives Skating aus. Überfallartig tragen die Iserlohner ihre Angriffe über die Außenstürmer ins Angriffsdrittel. Bietet sich keine Chance zum Angriff, wird die Scheibe tief ins gegnerische Drittel gespielt. Unbestritten ist die Entwicklung der Roosters mit Pasanen, Bartman und Manager Mende verknüpft. Mende verfügt über hervorragende Kontakte nach Nordamerika, welche sich vor allem beim Scouting bemerkbar machen. Die Roosters schauen bewusst nach jungen, entwicklungsfähigen Kanadiern/Amerikanern, welche die deutsche Staatsbürgerschaft annehmen können. Mit dem Erfolg der Sauerländer wurde dieses Vorgehen in der letzten Saison stark kritisiert. Moritz Müller, Kapitän der Kölner Haie, sprach von einer „kanadischen 1c Truppe“. Dennoch werden die sogenannten Doppelfläggler gerne anschließend von der Konkurrenz verpflichtet. Colten Teubert (nach Nürnberg) und Brooks Macek (nach München) sind nur die jüngsten Beispiele für diese Behauptung.

Alte Besen kehren gut 

 

Trotz einiger Ab- und Zugänge konnte jedoch ein Grundgerüst gehalten werden. Chad Bassen, Boris Blank, Louie Caporusso, Marko Friedrich, Jason Jaspers, Marcel Kahle, Dylan Wruck, Brad Ross, Dennis Shevyrin, Ryan Button, Michel Periard, Dieter Orendorz, Mathias Lange und Chet Pickard werden auch kommende Saison das Trikot der Roosters tragen. Bassen zeichnet sich durch seine unermüdlichen Laufbereitschaft, hartes Arbeiten und hervorragendes Skating aus. Zudem kommt er regelmäßig im Unterzahlspiel zum Einsatz. Blank geht in seine dritte Saison bei den Roosters und gilt als physischer harter Arbeiter. In den vergangenen zwei Spielzeiten konnte er seine Scorerpunkte verbessern. Louie Caporusso gilt als Sinnbild für die Weiterentwicklung der Roosters. 48 Scorerpunkte in 49 Spielen stehen in der letzten Saison auf seiner Habenseite. Ein Jubelsturm rauschte durch die Halle am Seilersee als seine Vertragsverlängerung bekannt gegeben wurde. Caporusso verfügt über enorme Geschwindigkeit und eine hohe Beweglichkeit. Trotz seiner Größe scheut er keinen Zweikampf. Marko Friedrich geht in seine dritte Saison bei den Iserlohn Roosters. Er gilt als Versprechen in die Zukunft und als Integrationsfigur. Die Wertschätzung von Seiten der Roosters konnte man am Vorgehen bei seiner Vertragsverlängerung erkennen. Bisher durften lediglich Vereinsgrößen wie Mike York, Michael Wolf oder auch Robert Hock Ihre Vertragsverlängerungen selber bekannt geben; auch Marko Friedrich wurde diese Ehre zuteil. Geht seine Entwicklung weiter voran wie bisher, ist davon auszugehen, dass er seinen Punktewert von 14 Punkten in der kommenden Saison übertreffen wird. Jason Jaspers erlebt am Seilersee einen weiteren Frühling. Als Neuzugang im letzten Jahr galt er als „zu alt“ und „zu langsam“ für die DEL. Die Roosters gaben dem 35-jährigen Kanadier eine Chance und Jaspers zahlte es mit Leistung zurück. 42 Punkte in 52 Spielen konnte er in der vergangenen Saison erzielen. Marcel Kahle und Dylan Wruck erlitten letzte Saison das gleiche Schicksal. Beide verpassten nach schwerer Verletzung Anfang der letzten Saison einen Großteil der Hauptrunde samt Playoffs. Bei Wruck stand angeblich sogar ein Karriereende im Raum. Bei beiden Angreifern wird interessant zu sehen sein, wie die Verletzungen überstanden wurden. Bei Brad Ross zogen die Iserlohner die Vereinsseitige Option zur Verlängerung um ein weiteres Jahr. Ross überzeugte vor allem zu Saisonbeginn durch sein hartes Spiel. Er ging keiner Auseinandersetzung aus dem Weg, was die 131 gesammelten Strafminuten belegen. Im Verlaufe der Saison wurde er stets torgefährlicher. Sollte seine Entwicklung ähnlich verlaufen wie letztes Jahr, besteht die Chance zum Publikumsliebling am Seilersee. Die Überraschung der Saison bei den Roosters trägt den Namen Dennis Shevyrin. Der 21-jährige wurde eigentlich als Ersatzmann geholt, kam jedoch durch Verletzungen zu 22 Einsätzen in der DEL. Shevyrin ist extrem flexibel einsetzbar und machte sowohl im Angriff als auch in der Verteidigung einen hervorragenden Job. Auch hier gilt, sollte die Entwicklung ähnlich weitergehen, werden die Roosters noch viel Spaß an Shevyrin haben. Ryan Button wurde zur Saison 2014/2015 als 7. Verteidiger geholt und übertraf sämtliche Erwartungen. Schnell spielte er sich in der Rotation fest. Bisher konnte er seinen Punkteschnitt in zwei DEL Saisons stetig verbessern. Er verfügt über großartige Skating-Fähigkeiten, eine hohe Beweglichkeit und einen guten Handgelenksschuss. Michel Periard gilt als Mr. Zuverlässig im Abwehrverbund der Roosters. Er verfügt über einen extrem harten und präzisen Schuss, der häufig im Powerplay zu sehen sein wird. Verbesserungspotenzial weist Periard beim Erzielen der Tore auf. Lediglich ein Treffer in der abgelaufenen Saison ist zu wenig für einen Verteidiger mit seinem Schuss. Dieter Orendorz ist das Eigengewächs in der Abwehr der Roosters. Seit 2004 spielt er in der Organisation der Iserlohn Roosters. Im vergangenen Jahr hat er enorme Fortschritte in der Präsenz auf dem Eis gemacht. Verbesserungspotenzial besteht jedoch noch in der Mitarbeit in der Offensive und im körperlichen Spiel. Hier setzt der 1,90 Meter große Iserlohner noch zu selten Akzente. Das Torhüter Duo bestehend aus Mathias Lange und Chet Pickard geht unverändert in die neue Saison. Beide Goalies wechselten sich in der vergangenen Saison regelmäßig als Starting Goalies ab und werden auch in der kommenden Saison zu den besseren Torhüter-Duos in der DEL zählen. Die Nummer 1 im Tor, sofern man es so deklarieren möchte, wird Matthias Lange bilden.

Neuer Wind am Seilersee

 

Mit Brooks Macek verlässt der beste Iserlohner der vergangenen Playoffs die Roosters in Richtung München zu RB. Auch die Wechsel von Nick Petersen nach Berlin und Colten Teubert nach Nürnberg wurden offiziell bekannt gegeben. Spieler von solch einem Kaliber und deutschem Pass sind für die Roosters nicht zu halten, wenn die finanzkräftige Konkurrenz anklopft. Kevin Lavallée entschied sich ein Angebot des DEL Neulings Fischtown Pinguins Bremerhaven anzunehmen. Auch Bobby Raymond verlässt die Iserlohner zum zweiten Mal und wechselt in die EBEL zum EC Red Bull Salzburg. Raymond gilt als spielstarker Verteidiger mit einem hervorragendem Schuss und gutem ersten Pass.

Etwas überraschend war jedoch für viele Fans das Vorgehen von Manager Karsten Mende im Bereich der Vertragsverlängerungen. Jean-Phillippe Côté, Chris Connolly, Brodie Dupont, Zach Hamill, Cody Sylvester und Mike York erhielten keine neuen Vertragsangebote von Seiten der Roosters. Das ausbleibende Angebot für den langjährigen Kapitän Mike York stoß bei vielen Iserlohner Fans auf Unverständnis. York war einer der wenigen Spieler die in den Playoffs Leistung zeigten und aus dem Iserlohner Umfeld war zu hören, dass der Amerikaner in seine letzte Saison bei den Roosters gehen wollte; dies wurde ihm von Vereinsseite verwehrt. Aus dem Umfeld war zu entnehmen, dass York als zu teuer und zu langsam für die Roosters gelte. Weiteren Zündstoff erhielt die Personalie York dadurch, dass Pasanen den Amerikaner gerne noch behalten hätte. Manager Karsten Mende entschied sich jedoch dagegen. Nach Ablauf der Hauptrunde fand sich York auf Platz 13 der Scorerliste wieder, lediglich Caporusso erzielte fünf Punkte mehr. Besonders im Powerplay war der Amerikaner York der entscheidende Mann auf dem Eis der Roosters. Wie und ob die Roosters, die freiwillig auf die Scorerpunkte von York, Connolly, Dupont und Sylvester verzichten, den Umbruch verarbeiten, bleibt abzuwarten.

Zum aktuellen Zeitpunkt haben die Roosters bereits fünf neue Stürmer und drei neue Verteidiger unter Vertrag genommen. Auch Dylan Wruck, der fast die komplette vergangene Saison aufgrund einer Verletzung verpasste, darf als Neuzugang gewertet werden. Es wird spannend zu sehen sein, wie der Rookie des Jahres 2014/2015 seine schwere Verletzung verarbeitet hat. Mit Blaine Down konnten die Iserlohner einen der begehrtesten vertragslosen Spiele der gesamten DEL für sich gewinnen. Down gilt als Zwei-Wege-Stürmer mit Spielmacher-Qualitäten und einem guten Torinstinkt. In 160 DEL Spielen erzielte der 33-jährige Kanadier 144 Punkte für die Straubing Tigers. Aus Schwenningen verpflichteten die Roosters Ashton Rome. Er gilt als Teamplayer, harter Arbeiter auf dem Flügel und konnte in 38 Spielen 32 Scorerpunkte erzielen, ehe er einen Teilanriss des Kreuzbandes erlitt. Als weiteren Flügelstürmer verpflichteten die Iserlohner Jordan Smotherman. Der 30-jährige Amerikaner spielte zuletzt in der SHL für Rögle BK. Smotherman gilt als offensiver, hart arbeitender Flügelstürmer mit guten Skating-Qualitäten und einem guten Schuss. Aus Duisburg konnten sich die Sauerländer die Dienste von Noureddine Bettahar sichern. In wieweit der 21-jährige sich an die DEL anpassen kann und Akzente setzen kann, bleibt abzuwarten. Vom AHL-Team des Texas Stars, aus der NHL-Organisation der Dallas Stars, wechselte der 34 Jahre alte Mittelstürmer Greg Rallo an den Seilersee. Rallo gilt als spielstarker, kluger und erfahrener Stürmer der die Fähigkeiten eines Spielmachers und eines Torschützen vereint. Für den Rechtsschützen, der als Teamplayer gilt, ist es die erste Saison auf europäischem Eis, sodass von einer kleinen Eingewöhnungszeit auszugehen ist. Aus der Organisation der Ottawa Senators wechselt der 26-jährige David Dziurzynski an den Seilersee. Der kanadische Power Forward gilt als geradliniger, auf allen Stürmerpositionen einsetzbarer Charakterspieler. Zudem gilt er als hervorragender Unterzahlspieler. Trotz seines jungen Alters verfügt Dziurzynski bereits über enorme Erfahrung. Er weist über 370 AHL-Partien und 26 NHL-Begegnungen auf.

Mit Hannu Pikkarainen, Troy Milam und Christopher Fischer konnten die Roosters bislang drei neue Verteidiger unter Vertrag nehmen. Der Finne Pikkarainen, neben Rome aus Schwenningen gekommen, gilt als Offensivverteidiger mit hervorragendem erstem Pass. Auch im Powerplay kann der 32-jährige seine Stärken ausspielen. Im normalen Spielbetrieb benötigt Pikkarainen jedoch einen phsysich starken und aggressiven Partner neben sich, da er in diesen Bereichen Defizite aufweist. Von den Vienna Capitals aus der EBEL kommt der 36-jährige Troy Milam. Milam gilt als erfahrener Charakterspiele, der besonders für die jungen Verteidiger Ordendorz, Button und Shevyrin wertvoll werden kann. Der Offensivverteidiger überzeugte in der Vergangenheit immer durch seine +/- Statistik und verpasste kaum ein Spiel aufgrund von Verletzungen. Nach den ersten Eindrücken im Training verfügt Milam über den härtesten Schuss im Kader der Roosters, wodurch er auch für das Powerplay eine gute Option darstellt. Der wohl größte Name unter den Neuverpflichtungen in der Verteidigung ist Christopher Fischer. Der 28-jährige ehemalige deutsche Nationalspieler wechselt von den Adler Mannheim an den Seilersee und hofft bei den Iserlohner zu alter Stärke zurück zu finden. Fischer gilt als Zwei-Wege-Verteidiger, der über ein exzellentes Skating und einen guten ersten Pass verfügt.


Mögliche Saisonziele für die Roosters


Trotz der historisch besten Saison der Vereinsgeschichte, kann das Saisonziel der Roosters nur die Qualifikation für die Playoffs sein. Sofern man eine ähnliche Heimstärke wie letztes Jahr entwickeln kann, ist die direkte Qualifikation sicherlich nicht unmöglich; dies als Pflicht anzusehen wäre jedoch vermessen. Denn auch die Konkurrenz der DEL schläft nicht.